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Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nach Übernahme eines Leiharbeitnehmers


Ausgabe Oktober 2023
Geschrieben von

Dr. Richard Petras

Die „sachgrundlose“ Befristung von Arbeitsverhältnissen erfüllt ein wirtschaftliches Bedürfnis und ist entsprechend weit verbreitet. Sie erlaubt es Arbeitgebern, bis zur Dauer von maximal zwei Jahren befristete Arbeitsverträge auch ohne Vorliegen eines Befristungsgrundes (z.B. vorübergehender Bedarf, Vertretungsbedarf etc.) abzuschließen. Voraussetzung der sachgrundlosen Befristung ist aber, dass nicht bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Dieses „Vorbeschäftigungsverbot“ wird äußerst weit ausgelegt. Hierunter fällt grundsätzlich jede Vorbeschäftigung, die nicht sehr lange zurück liegt, ganz anders geartet war oder nur sehr kurz andauerte. An diese Voraussetzungen werden in der Rechtsprechung regelmäßig derart strenge Maßstäbe angelegt, dass diese Ausnahmen kaum jemals vorliegen. So soll eine Vorbeschäftigung vor 22 Jahren zwar in diesem Sinne „sehr lange“ zurückliegen, eine Vorbeschäftigung vor 15 Jahren (!) jedoch ohne besondere Umstände noch nicht. Auch die anderen Fallkonstellationen werden entsprechend streng beurteilt, wobei auch eine Kombination der Ausnahmetatbestände relevant sein kann. So werden an die Länge des zurückliegenden Zeitraums geringere Anforderungen gestellt, wenn das Arbeitsverhältnis dafür nicht lange andauerte oder – wie im Falle von Ferien- oder Studentenjobs – nur untergeordnete Bedeutung hatte. Das Kriterium der Vorbeschäftigung bedarf also bei entsprechendem Anlass stets einer sorgfältigen Prüfung.

Erfreulich eindeutig und eher „formaljuristisch“ positioniert sich die Rechtsprechung hingegen bei der Frage, ob die Vorbeschäftigung tatsächlich auch mit demselben Arbeitgeber bestand und ob es sich hierbei seinerzeit überhaupt um ein Arbeitsverhältnis handelte. So stellte das BAG in seinem kürzlich ergangenen Urteil vom 5. April 2023 (Az.: 7 AZR 224/22) klar: Ein Mitarbeiter, der bis zuletzt noch als Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleiher-Unternehmens tätig war, kann bei Übernahme in ein Anstellungsverhältnis sachgrundlos befristet angestellt werden, und zwar auch dann, wenn die Anschlussbeschäftigung nahtlos erfolgt und der Mitarbeiter dieselben Aufgaben verrichtet wir zuvor. Entscheidend sei hierbei, dass der Entleiher zuvor keine Arbeitgebergeberstellung im rechtlichen Sinne eingenommen habe. Das Arbeitsverhältnis habe nur zum Verleih-Unternehmen bestanden. Damit – so das BAG – handele es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis mit „demselben Arbeitgeber“ im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, da die Regelung auf den rechtlichen Bestand eines formellen Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber abstelle und nicht bloß auf eine Beschäftigung im selben Betrieb.

Auch in anderen Konstellationen, in denen keine formale Identität auf Seiten des Arbeitgebers vorliegt, ist eine Anschlussbeschäftigung demnach zulässig. Etwa ist es möglich, einen Arbeitnehmer sachgrundlos befristet anzustellen, der zuvor bei einem anderen Konzernunternehmen angestellt war. Kritisch wird es erst, wenn der Mitarbeiter bewusst alle zwei Jahr in einem anderen Konzernunternehmen angestellt wird, um eine Festanstellung zu umgehen („Rotationsmodell“).

Wie dargestellt, stehen ferner auch nur vorherige „Arbeitsverhältnisse“ einer sachgrundlosen Befristung entgegen. Ehemalige selbständige Mitarbeiter, die aufgrund eines (echten) Dienst- oder Werkvertrags beschäftigt waren, können daher sachgrundlos befristet eingestellt werden. Dasselbe gilt für ehemalige Auszubildende, da ein Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis darstellt. Gleiches gilt für ehemalige Praktikanten und Volontäre, sofern diese nicht – ausnahmsweise – auf Basis eines Arbeitsvertrags tätig waren.

Im Ergebnis sollte daher weiterhin – insbesondere im Falle einer irgendwie gearteten Vorbeschäftigung – die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung gründlich geprüft werden, um zu verhindern, dass (ungewollt) ein unbefristetes Anstellungsverhältnis entsteht.