Rückzahlung von Fortbildungskosten
Dr. Matthias Münder
Tragen Unternehmen die Fortbildungskosten bei ihnen beschäftigter Arbeitnehmer, binden sie dadurch die Arbeitnehmer länger an das eigene Unternehmen und profitieren von dem neu gewonnen Wissen der Arbeitnehmer: eine klassische Win-Win-Situation. Doch der „Win“ des Arbeitgebers wird zum „Loss“, wenn das Arbeitsverhältnis bald endet, nachdem die Fortbildung abgeschlossen ist. Um sich gegen dieses Risiko abzusichern, schließen Arbeitgeber häufig arbeitsvertragliche Rückzahlungsvereinbarungen mit Arbeitnehmern ab, denen sie eine Fortbildung finanzieren. Eine solche Vereinbarung verpflichtet den Arbeitnehmer, vom Arbeitgeber aufgewendete Fortbildungskosten (anteilig) zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist endet.
Allerdings bewegen sich Arbeitgeber seit längerer Zeit auf dünnem Eis, wenn sie Rückzahlungsvereinbarungen abschließen. Denn die Rechtsprechung des BAG ist stets im Fluss. Ein Urteil des BAG aus dem vergangenen Jahr (BAG, Urt. v. 1.3.2022 – 9 AZR 260/21) gibt Anlass dazu, die wesentlichen Rahmenbedingungen für Rückzahlungsvereinbarungen zu rekapitulieren und gleichzeitig zu beleuchten, weshalb bislang verwendete Musterklauseln kritisch geprüft werden sollten. Zahlreiche dieser Klauseln dürften nach dem jüngsten BAG-Urteil nämlich unwirksam sein, was wiederum zur Folge hat, dass die Rückforderung der Fortbildungskosten nicht mehr möglich ist.
Eine Rückzahlungsvereinbarung setzt zunächst voraus, dass es sich um eine freiwillige Fortbildung des Arbeitnehmers handelt; die Kosten für Pflichtfortbildungen dürfen Arbeitnehmern nicht auferlegt werden, § 111 Abs. 1 GewO. Weiterhin muss die Fortbildung dem Arbeitnehmer einen beruflichen Vorteil bringen und die Vereinbarung klar und verständlich erkennen lassen, welche finanziellen Belastungen auf den Arbeitnehmer bei Rückzahlung zukommen können. Dazu müssen die einzelnen Positionen (z.B. Fortbildungs-, Unterbringungs- oder Verpflegungskosten) genau und abschließend bezeichnet sowie angegeben werden, wie sich die einzelnen Positionen berechnen. Ferner muss die Vereinbarung eine begrenzte Bindungsdauer und ein graduelles Absinken der Höhe der Rückzahlungsverpflichtung im Laufe des Zeitraums der Bindungsdauer vorsehen. Nach Ablauf der Bindungsdauer ist eine Rückerstattung ausgeschlossen. Die zulässige Bindungsdauer hängt insbesondere davon ab, wie lange die Fortbildung dauert. Schließlich muss die Vereinbarung differenziert regeln, in welchen Fällen die Rückzahlungspflicht besteht. Bislang ging man davon aus, dass eine Rückzahlungspflicht zulässig ist, wenn ihr Auslöser nicht in die Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitgebers fiel. Ein Anspruch auf Rückzahlung darf daher z.B. nicht bestehen, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt kündigt. Hingegen ist eine Rückforderung zulässig, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis (ohne besonderen Grund) selbst, oder der Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen kündigt.
Diese Grundsätze gelten zwar auch weiterhin. Doch das BAG hat seine Rechtsprechung im vergangenen Jahr um eine Differenzierung ergänzt: Es gibt Fälle, in denen der Arbeitnehmer selbst das Arbeitsverhältnis kündigt, weil er unverschuldet nicht mehr imstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, z.B. weil er wegen einer Erkrankung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine vertragliche Tätigkeit auszuüben. In diesem Fall soll er nicht am Arbeitsverhältnis festhalten müssen, nur um die Rückzahlungspflicht zu vermeiden. Arbeitgeber dürfen in diesen Fällen laut der jüngsten Rechtsprechung des BAG nicht verlangen, dass der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zurückzahlt.
Für die Vertragsgestaltung heißt das, dass eine Klausel in Fällen, in denen letztlich weder dem Arbeitgeber noch dem Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzulasten ist, keine Rückzahlungspflicht vorsehen darf. Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber, bevor sie künftig Rückzahlungsvereinbarungen abschließen, genau prüfen, ob die bislang verwendeten Muster (noch) den hohen Anforderungen der Rechtsprechung genügen. Wahrscheinlich ist dies seit dem jüngsten BAG-Urteil nicht mehr der Fall. Dabei lohnt es sich, auf eine sorgfältige Vertragsgestaltung zu achten, damit die Rückzahlungsvereinbarung auch ihren Zweck erfüllt – im Zweifel die Rückerstattung von Fortbildungskosten zu gewährleisten, wenn das Arbeitsverhältnis wider Erwarten vorzeitig endet.