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Konzernleihe – Flexibel, aber nicht frei von Risiken


Ausgabe Januar 2025
Geschrieben von

Dr. Michael Kuhnke

Bei der Überlassung von Arbeitnehmern im Konzern greifen weitreichende Erleichterungen im Vergleich zur „normalen“ Arbeitnehmerüberlassung. Grundlage hierfür ist das sog. Konzernprivileg gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG, welches zur Folge hat, dass eine Vielzahl der Einschränkungen des AÜG, insbesondere die Erlaubnispflicht oder der Equal-Pay-Grundsatz, bei der Konzernleihe nicht gelten.

In der Praxis gerne übersehen wird allerdings, dass § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG einen Ausnahmetatbestand darstellt, der an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. So heißt es auch schon in der gesetzlichen Regelung, dass das Konzernprivileg nur eingreift, „wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird“. Der Gesetzgeber wollte reine konzerninterne Verleihunternehmen (Personaldienstleistungsgesellschaften), die ihre Arbeitnehmer ausschließlich an andere Konzernunternehmen überlassen, gerade nicht privilegieren. Denn hier sah man die Gefahr, dass Schutzvorschriften des AÜG unterlaufen würden.

Nun hat das BAG in einer aktuellen Entscheidung (BAG v. 12.11.2024 – 9 AZR 13/24) die vorgenannte Einschränkung nochmals nachgeschärft und restriktiv ausgelegt. In der bislang nur vorliegenden Pressemitteilung führt das BAG aus, dass das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar sei, wenn Einstellung und Beschäftigung (also kumulativ) zum Zweck der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG sei vielmehr als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen, so dass das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung komme, wenn der Arbeitnehmer zum Zweck der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Letzteres sei regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird.

Gefährlich sind daher in erster Linie die Fälle, in denen die Parteien zunächst einen Arbeitsvertrag abschließen, die Beschäftigung bei Vertragsbeginn – aus welchen Gründen auch immer – nun bei einer anderen Konzerngesellschaft aufgenommen wird. Unterläuft dem Arbeitgeber hier ein Fehler, kann dies weitreichende Konsequenzen haben. Insbesondere kann der Arbeitnehmer verlangen, von vornherein als Arbeitnehmer des Entleihers zu gelten. Ferner hat der Verleiher ohne Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung betrieben, was eine Ordnungswidrigkeit darstellt und ein Bußgeld nach sich ziehen kann.

Am Rande sei noch angemerkt, dass die im AÜG festgeschriebene Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten (§ 1 Abs. 1b AÜG) im Falle der Konzernleihe zwar nicht direkt gilt. Gleichwohl ist eine dauerhafte Überlassung auch im Konzern nach ganz herrschender Meinung unzulässig, da der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses beim Vertragsarbeitgeber liegen muss. Über die Frage, wie diese weitere Einschränkung zu verstehen ist, gehen die Meinungen auseinander. Insbesondere ist umstritten, ob eine Orientierung an der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten oder die per Tarifvertrag zulässige Höchstdauer von 24 Monaten gelten soll. Klar ist jedoch, dass es nicht vom Konzernprivileg gedeckt wäre, wenn die Beschäftigung beim Vertragsarbeitgeber nur für kurze Zeit, z.B. während der Dauer einer Einweisung stattfindet, dann jedoch eine dauerhafte Überlassung an ein anderes Konzernunternehmen erfolgt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer zwischen den Einsätzen bei anderen Konzernunternehmen nur für jeweils kurze Zeiträume zum Vertragsarbeitgeber zurückkehrt, ohne dort arbeitsvertragsgemäß eingesetzt zu werden (z.B. zum Zwecke der Urlaubsgewährung).