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Ende der Schriftform im Arbeitsrecht? Was das geplante Bürokratieentlastungsgesetz verspricht


Ausgabe Oktober 2023
Geschrieben von

Dr. Matthias Münder

Im August beschloss die Bundesregierung Eckpunkte für ein „Bürokratieentlastungsgesetz“. Da diese Eckpunkte im Arbeitsrecht bereits recht konkret und technisch formuliert sind, ist zu erwarten, dass sie zeitnah in einen Gesetzentwurf gegossen werden, über den dann der Bundestag beraten wird. Bürokratienentlastungen sollen im Arbeitsrecht durch Veränderung von Formanforderungen erreicht werden. Denn an vielen Stellen wird im Arbeitsrecht noch die Schriftform verlangt. Dies bedeutet, dass den Vertragsparteien jeweils ein handschriftlich unterzeichnetes Originaldokument zugehen muss. Würde man hier einen konsequenten Schritt in Richtung Digitalisierung gehen, könnte dies den Arbeitsaufwand in Personalabteilungen tatsächlich reduzieren. Doch viel Bürokratieentlastung verspricht das geplante Bürokratieentlastungsgesetz für Arbeitgeber bislang leider nicht.

Das Eckpunktepapier sieht insoweit insbesondere die folgenden Maßnahmen vor:

  • Die Pflicht des Arbeitgebers nach dem Nachweisgesetz, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich nachzuweisen, soll (mit Ausnahme weniger Branchen) entfallen, wenn der Arbeitsvertrag „in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde“. Gemeint ist hier eine qualifizierte elektronische Signatur, die bislang nur wenig verbreitet ist, da sie hohe technische Anforderungen erfüllen muss. Eine „einfache elektronische Unterschrift“ z.B. via DocuSign reicht hingegen nicht aus.
  • Arbeitszeugnisse sollen in der „gesetzlichen elektronischen Form“ erteilt werden können. Auch hier ist also die qualifizierte elektronische Signatur gemeint.
  • Künftig soll es möglich sein, Elternzeit in Textform (z.B. per E-Mail) geltend zu machen sowie Teilzeit während der Elternzeit in Textform zu beantragen oder diesen Antrag abzulehnen.
  • Ob ein Arbeitsverhältnis weiterhin nur schriftlich gekündigt werden kann oder ob die Formanforderungen abgesenkt werden, ist noch nicht absehbar. Grundsätzlich soll es künftig im Zivilrecht (bspw. bei Mietverträgen) möglich sein, eine Kündigung, die bislang mit Original-Unterschrift dem Empfänger zugehen muss, zu fotografieren und dem Empfänger nur die elektronische Kopie zu senden. Der Empfänger soll dann berechtigt sein, zu verlangen, dass ihm nachträglich die Originalurkunde übermittelt wird. Zum Arbeitsrecht heißt es hier im Eckpunktepapier nur kryptisch: „Den Besonderheiten des Arbeitsrechts wird Rechnung getragen.“ Was sich dahinter verbirgt, wird klar werden, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Presseberichten zufolge möchte es das Bundesjustizministerium ermöglichen, dass ein Arbeitsverhältnis in elektronischer Form gekündigt und ein Aufhebungsvertrag in elektronischer Form abgeschlossen werden kann. Gemeint ist auch hier die qualifizierte elektronische Signatur. Ob sich das Bundesarbeitsministerium dem anschließen wird, ist nicht abzusehen.

Der große Wurf bleibt damit im Arbeitsrecht leider aus. Zwar ist die vereinzelte Absenkung des Formerfordernisses auf die Textform zu begrüßen. Soweit jedoch in anderen Bereichen eine qualifizierte elektronische Signatur gefordert wird, dürften die Verbesserungen für Arbeitgeber minimal sein, da diese – im Gegensatz zur einfachen Signatur, wie DocuSign o.Ä. – noch immer kompliziert zu handhaben, kostenpflichtig und wenig verbreitet ist. Sollte die Kündigung von Arbeitsverhältnissen in digitaler Form mit qualifzierter elektronischer Signatur ermöglicht werden, klingt dies zunächst attraktiv. Jedoch wird aus Arbeitgebersicht sicherzustellen sein, dass in einem Gerichtsverfahren nachgewiesen werden kann, dass und wann die Kündigung dem Mitarbeiter tatsächlich zugegangen ist.

Der digitale Abschluss von Arbeitsverträgen wird hingegen nur dann den Anforderungen des Nachweisgesetzes gerecht werden, wenn auch Mitarbeiter über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen. Das geplante „Bürokratieentlastungsgesetz“ wird Arbeitgeber also nur dann tatsächlich von Bürokratie entlasten, wenn sich die qualifizierte elektronische Signatur künftig weiter verbreitet.

Es bleibt also zu hoffen, dass die Weichen im Arbeitsrecht im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch stärker in Richtung Digitalisierung gestellt werden. Erst nach der Verabschiedung des Bürokratieentlastungsgesetzes wird klar sein, ob Personalabteilungen tatsächlich effektiv entlastet werden oder ob es sich um eher „kosmetische“ Änderungen handelt.