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Das Nachweisgesetz im laufenden Arbeitsverhältnis


Ausgabe Januar 2023
Geschrieben von

Dr. Richard Petras

Die Reform des Nachweisgesetzes (NachwG) hat letztes Jahr für viel Aufsehen gesorgt – wir haben im Juli 2022 in unserem Newsletter darüber berichtet. Zwar waren Arbeitgeber bereits zuvor verpflichtet, ihren Arbeitnehmern die wesentlichen Arbeitsbedingungen mitzuteilen, allerdings blieben Verstöße weitgehend folgenlos. Das änderte sich zum 1. August 2022. Mit der Reform des NachwG wurde nicht nur der Katalog der nachweispflichtigen wesentlichen Vertragsbedingungen erheblich ausgeweitet, vor allem sind Verstöße nunmehr mit einem Bußgeld bewehrt. Um Bußgelder zu vermeiden, haben viele Arbeitgeber ihre Standard-Arbeitsverträge angepasst. Allerdings hat es hiermit nicht sein Bewenden, denn auch im laufenden Arbeitsverhältnis ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich mitzuteilen (und zwar spätestens an dem Tag, an dem die Änderung wirksam wird).

Das umfasst zunächst tatsächliche beidseitige Änderungen des Arbeitsvertrags, sofern hiermit wesentliche Vertragsbedingungen nach dem Nachweisgesetz geändert werden. In der Praxis betrifft dies bspw. Änderungen von Entgeltbestandteilen, wie etwa Gehaltserhöhungen, oder Änderungen der Länge der regelmäßig geschuldeten Arbeitszeit. Ferner sind von der Nachweispflicht nach überzeugender Auffassung aber auch sonstige Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen umfasst, selbst wenn diese nicht durch eine klassische beidseitige Vertragsänderung, sondern durch eine einseitige Ausübung des Direktionsrechts erfolgen. Ein „Paradebeispiel“ hierfür wäre eine örtliche oder sachliche Versetzung. Die Ausübung des Direktionsrechts in Bezug auf nicht nachweispflichtige Bedingungen (bspw. konkrete Arbeitsanweisungen oder Überstundenanordnungen) bleibt aber vom Nachweisgesetz unberührt und muss deshalb auch weiterhin selbstverständlich nicht in Schriftform erfolgen.

Entbehrlich ist eine schriftliche Niederlegung nach dem Nachweisgesetz dann, wenn sich die Änderung aus einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung ergibt (z.B. Änderung des Entgelttarifvertrags). Hierfür muss aber im Arbeitsvertrag (oder durch sonstigen Nachweis) zuvor auf die entsprechende kollektive Regelung konkret verwiesen worden sein. Bei erstmaligem Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages ist zudem ein Hinweis stets erforderlich.

Ferner sind Änderungen des Namens oder der Anschrift des Arbeitgebers mitzuteilen. Das ist vor allem beim Betriebsübergang relevant, wobei der Nachweis hier wohl bereits durch die Unterrichtung gem. § 613a Abs. 5 BGB erbracht wird. Aber auch bei einem Formwechsel (Änderung der Rechtsform), einer Umfirmierung oder einer bloßen Verlegung des Unternehmenssitzes ist eine Mitteilung an den Arbeitnehmer erforderlich.

In der Regel erfolgt zwar in den meisten Fällen ohnehin eine Mitteilung an den oder die Arbeitnehmer bzw. gleich eine dokumentierte Vertragsänderung. Die Schwierigkeit in der Praxis besteht aber darin, dass die Mitteilung bzw. die Änderungsvereinbarung schriftlich erfolgen muss, d.h. durch Übergabe eines im Original unterschriebenen Dokuments. Eine Vertragsänderung per DocuSign ist daher ebenso wenig ausreichend, wie eine Mitteilung der Änderungen per E-Mail. Auch bei betriebsweiten Änderungen würde bspw. die bloße Versendung einer Rund-E-Mail an die Arbeitnehmer, eine Mitteilung im Intranet oder eine mündliche Bekanntgabe in einer Betriebsversammlung nicht genügen. Auch ein Aushang am „schwarzen Brett“ ist unzureichend, und zwar auch dann, wenn der Aushang unterschrieben ist. Vielmehr muss jedem einzelnen Mitarbeiter ein physisches Schriftstück übergeben bzw. zugestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass das Schriftstück handschriftlich im Original unterschrieben sein muss; eine eingescannte Unterschrift oder eine Signatur mittels eines Signing-Tools (z.B. DocuSign) ist nicht ausreichend. Gerade in Unternehmen, die eine elektronische Personalakte führen und weitgehend papierlos arbeiten, wird diese (antiquiert anmutende) Voraussetzung oft zu Mehraufwand führen.