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ChatGPT – Einführung auch ohne den Betriebsrat möglich?


Ausgabe April 2024
Geschrieben von

Jana Reimers

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und auch aus dem beruflichen Kontext nicht mehr wegzudenken. Immer mehr Unternehmen möchten ihren Mitarbeitern auch im Arbeitsalltag die Nutzung von ChatGPT ermöglichen. Gesagt, getan? So einfach ist es leider nicht, denn kaum geht es um die Einführung neuer technischer Arbeitsmittel, steht der Betriebsrat vor der Tür und möchte beteiligt werden. Üblicherweise beruft sich der Betriebsrat dabei auf Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 oder sein Beteiligungsrecht aus § 90 BetrVG. Ohne Betriebsrat geht es also nicht? „Doch!“ – entschied das Arbeitsgericht Hamburg in einer kürzlich ergangenen Entscheidung (Urt. v. 16.0.1.2024 – 24 BVGa 1/24).

Der Betriebsrat begehrte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, der Arbeitgeberin aufzuerlegen, ihren Mitarbeitern den Einsatz von ChatGPT und anderen Systemen der KI bis zum Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zu untersagen. Das Arbeitsgericht Hamburg lehnte den Antrag jedoch ab.

Anders als in vielen anderen Konstellationen, in denen Unternehmen ChatGPT im Arbeitskontext einführen, hatte das Hamburger Unternehmen keine Installation eines App-Programmes vorgenommen oder den Mitarbeitern einen ChatGPT-Firmenaccount zur Verfügung gestellt. Das Unternehmen hatte lediglich für die Arbeitnehmer zu beachtende Guidelines zur Nutzung von Generativer KI veröffentlicht. ChatGPT und andere KI-Systeme sollten hiernach im Falle der Verwendung über den Webbrowser und eigene private Accounts der Mitarbeiter genutzt werden – eine Verpflichtung derartige Tools überhaupt zu gebrauchen, wurde jedoch nicht eingeführt. Das Arbeitsgericht sah aufgrund dieser Besonderheiten kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats als verletzt an.

Ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG über Fragen der Ordnung und des Verhaltes der Arbeitnehmer im Betrieb lehnte das Arbeitsgericht ab, weil ChatGPT & Co allein als Arbeitsmittel eingesetzt werden sollten. Mitbestimmungsfrei sind nach ständiger Rechtsprechung aber gerade Anordnungen, mit denen lediglich die Arbeitspflicht konkretisiert wird und die sich somit auf das Arbeits- und nicht das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter beziehen.

Auch konnte sich der Betriebsrat nach dem Arbeitsgericht nicht auf § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG berufen. Zwar handele es sich bei ChatGPT um eine technische Einrichtung und diese sei auch grundsätzlich dazu geeignet, die Leistung und das Verhalten der Arbeitnehmer zu überwachen. Da die Arbeitgeberin die Programme aber nicht lokal installiert oder Firmenaccounts angelegt hatte, bestand für sie mangels Zugriffs auf die Daten keine Möglichkeit, nachzuvollziehen, wer wann mit welchen Anliegen ChatGPT nutzt. Hierdurch fehle es nach Ansicht des Arbeitsgerichts an einer Überwachungsmöglichkeit durch die Arbeitgeberin, welche für ein Eingreifen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aber erforderlich ist. Der jeweils verwendete Browser begründe ferner zwar Überwachungsmöglichkeiten, über die Browserverwendung bestand aber im vorliegenden Fall bereits eine Betriebsvereinbarung.

Diese (erstinstanzliche) Entscheidung ist zu begrüßen und erleichtert die Nutzung von KI in Unternehmen. Dennoch sollte in jedem Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit der Betriebsrat bei der Nutzung oder Einführung derartiger Programme zu beteiligen ist. Werden beispielsweise eigene Programme entwickelt, ChatGPT & Co auf den Systemen des Arbeitgebers installiert oder Firmenaccounts genutzt, besteht in der Regel zumindest ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass der Betriebsrat in jedem Fall über die Planung des Einsatzes von KI gem. § 90 Abs. 1 Nr. 3; Abs. 2 BetrVG zu unterrichten und hierüber mit ihm zu beraten ist. Darüber hinaus ist bei der Nutzung von KI besonderes Augenmerk auf die Einhaltung des Datenschutzes zu legen. Was Unternehmen zukünftig bei dem Einsatz von KI zu beachten haben, können Sie in unserem Artikel zum „Artifical Intelligence Act“ in dieser Ausgabe nachlesen.