Arbeitszeiterfassung – BMAS legt Gesetzesentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vor
Jana Reimers
Seit einem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019 und dem sogenannten „Stechuhr-Urteil“ des BAG aus dem Jahr 2022 ist klar: Das Arbeitszeitgesetz in Deutschland ist reformbedürftig. Das Bundesarbeitsministerium hatte bereits für das erste Quartal 2023 die Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung – eine Pflicht, die laut BAG ohnehin schon besteht – angekündigt. Der nunmehr am 18. April 2023 vorgelegte Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes wurde daher mit Spannung erwartet.
Der Entwurf befasst sich ausschließlich mit der Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit. Die wesentlichen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) wie die werktägliche Höchstarbeitszeit, Pausen- und Ruhezeiten bleiben unverändert. Kernstück des Referentenentwurfs ist die Änderung des § 16 ArbZG. Zukünftig soll hier eine Verpflichtung der Arbeitgeber vorgesehen werden, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit aller Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu erfassen. Die Erfassung der Arbeitszeit hat tagesaktuell in elektronischer Form zu erfolgen. Der Entwurf stellt klar, dass die Erfassung von den Arbeitnehmern selbst oder einem Dritten vorgenommen werden kann, die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfassung aber beim Arbeitgeber verbleibt.
Aufzeichnungen über die Arbeitszeit sollen für mindestens zwei Jahre vorgehalten werden. Arbeitnehmer sind zudem auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und ihnen ist eine Kopie der Aufzeichnung auszuhändigen.
Wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, soll „Vertrauensarbeitszeit“ auch nach der Reformierung des Arbeitszeitgesetzes weiterhin möglich bleiben. Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit bei Vertrauensarbeitszeit ist in dem Entwurf allerdings nicht vorgesehen. Auch bei Vertrauensarbeitszeit muss die Arbeitszeit künftig elektronisch erfasst werden. Dem Arbeitgeber soll es freistehen, ob er die Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit anhand der Aufzeichnungen kontrolliert, er muss aber sicherstellen, dass ihm Verstöße gegen die Bestimmungen des ArbZG zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden. Wie genau das aussehen soll, ist bislang unklar.
Ausnahmen von der Erfassungspflicht bzw. der vorgeschriebenen Art und Weise der Erfassung sieht der Entwurf zwar vor, allerdings (nur) im Rahmen einer Tariföffnungsklausel. Durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung kann von der vorgesehenen Art und Weise der Erfassung (elektronisch, tagesaktuell) abgewichen werden. Bestimmte Arbeitnehmergruppen, bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen, nicht im Voraus festgelegt oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, sollen durch eine tarifvertragliche Regelung auch gänzlich von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausgenommen werden können.
Bislang handelt es sich lediglich um einen Referentenentwurf, der im Laufe des Gesetzgebungsprozesses noch Änderungen erfahren kann. Bereits jetzt hat der Entwurf reichlich Kritik geerntet und insbesondere die Verpflichtung einer elektronischen Zeiterfassung und die Einschränkungen bei der Vertrauensarbeitszeit stehen in der Diskussion. Es bleibt daher abzuwarten, welche Regelungen Arbeitgeber schlussendlich bei der Arbeitszeiterfassung beachten müssen.